top of page

Und plötzlich allein

  • Autorenbild: Gordon Lagojannis
    Gordon Lagojannis
  • 7. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
ree

Manchmal stoßen wir an Grenzen, nicht im Außen, sondern dort, wo unsere Erwartungen auf die Realität treffen. Dort, wo das, was uns wichtig ist, auf taube Ohren stößt. Und wir spüren plötzlich, wie eng es wird, wenn das eigene Feuer allein brennt.


Er sitzt mir gegenüber, ein Mann Mitte fünfzig, graue Schläfen, klare Augen. Ein Mensch, der etwas aufgebaut hat. Der Verantwortung trägt. Der gewohnt ist, dass andere ihm folgen.


Doch diesmal ist es anders. Sein Team zieht nicht mit. Nicht in der Intensität, nicht mit der Überzeugung, die er sich wünscht. Er sagt: „Ich habe ihnen erklärt, warum das wichtig ist. Ich habe sie mitgenommen, dachte ich. Aber sie sehen es einfach nicht.“


Ein leises Zittern in seiner Stimme. Nicht Wut, eher etwas anderes. Etwas Weiches, fast Schmerzliches. Wir lassen den Moment stehen.


Ich lade ihn ein, nicht sofort eine Lösung zu suchen, sondern hierzubleiben. Hier, in dieser leisen Kränkung. „Welcher Teil in dir ist da gerade verletzt?“, frage ich. Er atmet tief ein. Die Stirn spannt sich, dann entspannt sie sich wieder. „Der Teil, der immer wollte, dass die Dinge Sinn machen. Der Teil, der gesehen werden wollte – nicht für das, was er tut, sondern für das, was ihn antreibt.“


Wir hören diesem Anteil zu. Ohne ihn zu korrigieren, ohne ihn zu beruhigen. Er darf sprechen. Und er sagt, mit erstaunlicher Klarheit: „Ich will, dass sie verstehen, dass es mir um etwas Größeres geht. Dass ich nicht gegen sie bin, sondern für uns alle.“


Dann kommt der Moment, in dem wir das Jetzt verlassen. Ich lege Bodenanker, und er tritt, Schritt für Schritt, in sein zukünftiges Ich. Ein Ich, das dieses Problem nicht mehr hat. Ein Ich, das bereits auf der anderen Seite steht. Ich frage: „Wie ist es hier?“ Er schaut sich um, als könne er den Raum anders wahrnehmen. „Es ist... ruhig“, sagt er. „Ich fühle mich verbunden, ohne kämpfen zu müssen. Ich vertraue, dass die Richtung stimmt, auch wenn nicht jeder sofort mitgeht.“


Wir gehen durch die logischen Ebenen hindurch – von der Umgebung über das Verhalten, die Fähigkeiten, die Werte, bis hin zur Identität und dem tieferen Sinn. Er erlebt jede Schicht körperlich, sinnlich – sieht, hört, fühlt das Leben seines zukünftigen Selbst. Es ist kein ferner Traum, sondern in diesem Moment spürbare Realität.


Dann spreche ich ihn an, als wäre ich sein zukünftiges Ich: „Was möchtest du deinem heutigen Selbst sagen?“ Er lächelt, als lausche er einer inneren Stimme, die schon lange da war, nur zu leise, um gehört zu werden. „Lass dich nicht abbringen“, sagt er schließlich. „Es gibt etwas, das du noch nicht siehst. Dein innerer Frieden hängt nicht von einzelnen Etappen ab, sondern vom großen Ganzen – von der Richtung deines Lebens insgesamt.“


Er steht still. Nichts zu tun, nur zu sein. Dann, langsam, kehrt er zurück – in das Heute, in seinen Körper, in diesen Raum. Ich sehe, wie sich seine Haltung verändert: die Schultern sinken, der Atem wird tiefer, das Gesicht weicher.


„Ich glaube, ich kann wieder führen“, sagt er leise. „Aber diesmal nicht, weil sie mir folgen. Sondern weil ich in mir selbst ruhiger geworden bin.“ Wir lächeln beide. Es ist einer dieser seltenen Momente, in denen Worte kaum nötig sind.


Denn genau das ist es: Wir können die Welt um uns herum nicht verändern – nicht die Menschen, nicht ihre Entscheidungen, nicht ihr Tempo. Aber wir können verändern, wie wir ihr begegnen. Und darin liegt eine Freiheit, die größer ist als jede Kontrolle.


Diese Reise vom verletzten Jetzt in die bestärkende Zukunft ist genau das Wesen der Symergenz-Methode: systemisch, ressourcenorientiert und mit dem Blick auf das ganze Leben, nicht nur auf einzelne Ziele oder Probleme. Durch den Einsatz von Bodenankern, den Perspektivwechsel und die Arbeit über die logischen Ebenen verbindet Symergenz Erleben mit Klarheit – damit das, was im Inneren gereift ist, sich nach außen zeigt.

 
 
 

Kommentare


bottom of page